Berichte zur Coronakrise aus unseren Büros | April

Der Coronavirus hat die Welt global im Griff. Wir haben unsere Mitarbeiter*innen auch im April gefragt, wie die Situation bei ihnen aussieht. Nachfolgend ihre Berichte.

 


Dick Troost, Betriebsleiter – Büro Niederlande
„Wir praktizieren in unserem Holland-Büro ein ‚Teilzeit-Home Office‘, d.h. es sind immer zwei bis drei Personen im Büro und sieben bis acht Mitarbeiter*innen zuhause. Wir arbeiten jetzt in der 4. Woche von zuhause, seitdem hat sich die Situation für uns nicht geändert – sie bleibt auch offiziell bis zum 28.04. unverändert. Insgesamt wird alles ähnlich wie in Deutschland gehandhabt, was Hygiene-, Abstandsregeln und Schließungen angeht. Unsere Erwartung ist, dass die Schulen Mitte Mai wieder öffnen.

Unsere Umsätze sind hoch – wesentlich höher als letztes Jahr. Wir haben also keinen Grund zum Klagen – nur dass den Leuten zuhause so langsam die Decke auf den Kopf fällt. Außerdem können wir alles nach Plan ausliefern: Das sind überwiegend Übersee-Birnen, -Äpfel, Hokkaido-Kürbisse, Ingwer und Ananas. Einzige Beschränkung ist, dass die Ware im Herkunftsland schleppend verladen wird – dort können sie nur die Hälfte packen von dem, was sie normalerweise machen.

Trotz aller Probleme: Wir sind alle gesund und haben das Glück in einer Branche zu sein, wo Leben und Arbeit noch weitergehen.“


 

Odile Bouron, Betriebsleiterin – Büro Frankreich
„In Frankreich wurde am Ostermontag verkündet, dass die Ausganssperre bis zum 11. Mai verlängert wird. Noch weitere 4 Wochen also. Wir haben bereits vermutet, dass es so kommen wird, da die Anzahl der Krankheits- und Todesfälle immer noch sehr hoch ist.

Diese Verlängerungszeit soll unter anderem dazu dienen, zu prüfen, wie diese Ausgangsperre in der Praxis aufgehoben wird. Schulen und einige Geschäfte sollen wieder öffnen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Es gibt seit dieser Woche sehr viele Gespräche in den Medien, wie alles laufen soll. Wie macht man es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln? Sollen alle Leute und Regionen gleichzeitig die Erlaubnis erhalten, rauszugehen oder ältere Menschen erst später? Sollen wir alle Masken tragen in der Öffentlichkeit? Und bei der Arbeit? Wie werden sich die Arbeitsplätze gestalten? Es sind viele Fragen, auch auf ethischer Ebene, die im Raum stehen. Wir werden uns anpassen. Ganz allgemein werden in Frankreich alle Distanzregeln problemlos eingehalten.

In der Zwischenzeit sind alle Kollegen aus dem Büro Perpignan im Home Office. Wir finden es alle sehr lang. Die Wahrnehmung ist für jeden natürlich anders – motiviert sind wir alle, das ist kein Problem für uns – wir machen aber gerade einen Lernprozess durch ‚alleine mit den anderen zu sein‘. Im Grunde genommen eine Ausweitung von dem, was BioTropic darstellt: Ein Hauptsitz mit Satelliten in Europa, und diese Satelliten haben nun ihre eigenen neuen Satelliten. Diese Erfahrung, die wir schon haben, ‚Satellit‘ zu sein, muss jeder neu für sich lernen. Wo bin ich bereits selbständig? Wo brauche ich mehr Hilfe und Unterstützung?

Wir arbeiten viel zusammen, was Doris und ich immer das ‚dritte Ohr oder Auge‘ genannt haben. Nun ist es ruhig und jeder von uns anders ausgelastet. Die drei Verkäufer, Willem, Christine, Jean Eric sind täglich mit den Kunden im Kontakt. Im Moment verkaufen sie Überseeware, die in Holland steht, was üblich ist zu dieser Zeit. Nathalie ist, wie jeder von uns, jeden Tag am Computer, überprüft die Transporte und beendet gleichzeitig die letzten Arbeiten der auslaufenden Marokko-Saison, die gerade hinter uns liegt. Ich fange an, die nächste Marokko-Saison vorzubereiten. Ab Mitte Juli werden Limetten die nächsten Produkte sein, die wir von Perpignan aus verkaufen werden.“


 


Doris Thewes, Betriebsleiterin – Büro Italien
„Die strengen Ausgangssperren gelten weiterhin bis Anfang Mai. Ich schätze, dass es sich noch über die nächsten Monate hinziehen wird, ehe wieder mit einem normalen Leben zu rechnen ist. Dabei geht es allen aber noch recht gut. Man bekommt alle Waren, auch wenn man dafür wegen der Abstandsregeln eine Stunde vor dem Supermarkt warten muss, bevor man reingehen darf.

Alle BioTropic-Mitarbeiter*innen arbeiten derzeit im Home Office. Auch das funktioniert sehr gut, bis auf kleine technische Probleme, die hin und wieder auftreten. Es geht langsamer, aber es geht. Wir verbrauchen weniger Papier – das ist sehr gut! Ich plane den stückweisen Wiedereinstieg ins Büroleben – bei immer noch 500 Toten am Tag in Italien wird das aber noch dauern.

Der Markt: Der Anfang des Jahres hat sehr gut gestartet, was die Verkäufe angeht, mit Corona hat das nochmal zugelegt. Die Mengen sind enorm, aber wir schaffen es. Auch wenn man denkt, es geht nicht mehr – es geht doch! Reserven werden aktiviert und alle ziehen an einem Strang. Ein Grund dafür, dass vieles möglich gemacht wird, sind die guten und langjährigen Beziehungen zu unseren Partnern – ‚in guten und in schlechten Zeiten‘. Man merkt in der Krise, wer zuverlässig ist. Und das sind die meisten Produzenten und auch die Spediteure. Zusammen mit der Solidarität steigt auch ein weiterer wichtiger Faktor: Menschlichkeit! Der Umgang mit allen Menschen ist angenehmer geworden, man schenkt sich auch mal was – auch wenn man das Lächeln hinter den Masken nicht sehen kann.

Zu der Rohwarensituation: Viele Fabriken sind geschlossen. Es muss nicht immer ein Problem mit den Rohwaren geben, z.B. können einige Lebensmittel nicht abgefüllt werden, wenn das Verpackungsmaterial nicht geliefert wird. Das liegt schon an der Corona-Krise, zeigt aber nicht unbedingt, dass die Rohwaren knapp werden. Für die Dosentomaten werden die Tomatenpflanzen im Juni gesetzt und die Tomaten im September geerntet. Das sollte funktionieren trotz Corona.“


 

 

Volker Schmidt – Büro Costa Rica / Dominikanische Republik
„Die Bevölkerung in Costa Rica nimmt die Situation nicht sehr ernst. Trotz Ausgangssperre und gesperrten Stränden sind viele an Ostern weggefahren. Schlimmer als in Costa Rica ist die Lage in Nicaragua, dem Nachbarland – dort wird der Virus schlichtweg ignoriert. Musikfestivals und Busfahrten zu den Stränden finden dort weiterhin statt. Von Staatsseite gibt es keine Einschränkungen und dementsprechend verheerend sind die Aussichten für das Land. Problematisch dabei ist der Fluss von Arbeitern zwischen den beiden Ländern, da die Nicaraguaner ihre Aufenthaltsgenehmigung verwirken, wenn sie Costa Rica verlassen und womöglich illegal zurückkehren.

Obwohl von allem genug da ist, steigen die Lebensmittelpreise. Für die Menschen, deren Einnahmequellen weggefallen sind, heißt das elementar: Hungern! Damit steigt die Kriminalität – derzeit krass in der Dominikanischen Republik: Menschen werden z.B. an Kreuzungen in ihren Autos überfallen, ihnen wird alles weggenommen, nur ihr Leben dürfen sie behalten und das Auto meist auch noch.

Für mich selber ist das Leben und die Arbeit in Costa Rica derzeit ruhig: Morgens aufstehen, im Home Office arbeiten und möglichst keine Kontakte zu anderen Menschen haben. Der nächste große Supermarkt befindet sich ohnehin in der 1,5 Stunden entfernten Stadt. Mit dem Auto dürfen wir nicht jeden Tag fahren – wer fahren darf, sagt die Endziffer des Nummernschilds. Wer sich nicht daran hält, muss hohe Strafen zahlen. Wir machen viel selber: Wir backen unsere Brötchen, beim Metzger habe ich 8 kg Bratwurst für uns bestellt und heute Nachmittag werde ich Trockenfleisch selber herstellen.

Und die Produktion: Die Ingwersaison geht gerade zu Ende, 90% der Ware ist geerntet. Bald wird die nächste Generation gepflanzt, die in 9 Monaten wieder erntereif ist. Kurkuma ist länger verfügbar als Ingwer. Ein großes Problem ist derzeit: Wegen der steigenden Preise, wird Ware von den Feldern gestohlen und im Land verkauft.

Interessant ist, dass der Ananas-Anbau um 50% eingebrochen ist, Bananen laufen aber wie gewohnt weiter. Ein Grund könnte sein, dass Ananas immer noch als Luxus-Obst angesehen wird, das man sich nicht häufig gönnt, im Gegensatz zu Bananen, die inzwischen zu den Grundnahrungsmitteln gehören. Hier trennt sich schon der ‚Luxus-Exot‘ vom ‚Basis-Exot‘.“


 

Pernille Krøyer Dynesen, Betriebsleiterin – Büro Spanien
„In Spanien werden die strengen Kontaktbeschränkungen definitiv noch bis zum 26.04. anhalten. Wie es danach weiter geht, wissen wir noch nicht. Immerhin dürfen einige Fabriken unter strengen Auflagen wieder die Produktion aufnehmen.

In der Landwirtschaft hat sich die Situation in den letzten Wochen nicht verändert. Überall arbeiten immer noch fast nur 50% der Menschen wie vor Corona. Es ist zwar ruhig, aber die Ernte und die Neuanpflanzungen verlaufen nach Plan. Der Regen in den letzten Tagen war sehr positiv, weswegen beste Klimabedingungen herrschen. Die Transportkosten sind enorm gestiegen, weil kaum Ware (wie z.B. Maschinenteile) eingeführt werden, aber weiterhin viel Ware ausgeführt wird. Inzwischen haben viele Menschen herausgefunden, wie weiterhin effektiv gearbeitet werden kann.

Die Menschen besinnen sich in vielen Bereichen wieder auf die Basis. Selbstverständliche Luxusgüter wie z.B. Spargel und Heidelbeeren werden weniger gekauft als Kartoffeln und Eier. Auch beim Fisch geht der Absatz von teuren Produkten wie Garnelen und Austern zurück. Produkte, die vor Corona viel zu billig waren, werden plötzlich vermehrt gekauft, ihr Wert wieder geschätzt. In der Gesellschaft kehrt sich einiges um: Viele reiche Firmen haben Existenzprobleme, z.B. Hotels und Gastronomie – dagegen erfahren andere eine neue Wichtigkeit, z.B. die Bauern.

Im Home Office: Der täglicher Austausch fehlt uns, aber es kann trotzdem genauso effektiv gearbeitet werden wie im Büro. Manchmal sogar besser, weil die Konzentration höher ist und die Ablenkung geringer. Alles hat seine Vor- und Nachteile.

Warum sind die Auflagen der Regierung in den südlichen Ländern strenger als in den nördlichen Ländern? Wir haben die Theorie, dass es am Klima liegt – im Süden leben die Menschen mehr draußen, pflegen mehr Kontakte und berühren sich auch häufiger als die ‚Nordmenschen‘, welche bei den kühleren Temperaturen daran gewöhnt sind, in ihren Häusern auszuharren. Auch gibt es in den Ländern unterschiedliche Begrüßungsrituale, im Süden viele Umarmungen – im Norden mehr Händeschütteln.“


 


Kuemkwong Siemefo, Betriebsleiter – Büro Elfenbeinküste
„Meine Ängste sind eher gesellschaftlicher Natur: Ähnlich wie fast überall, wurden auch in der Elfenbeinküste restriktive Maßnahmen durch die Regierung verabschiedet. Fakt aber ist, der Staat hat weder die Mittel, noch die notwendigen Kompetenzen, um das Einhalten der Maßnahmen kontrollieren bzw. durchsetzen zu können. Fakt ist auch, dass der Staat nicht in der Lage ist, eine derartige (neue) Krankheit medizinisch eindämmen zu können. Diese Kombination macht aus dem Land ein wahrhaftiges Pulverfass.

Von der Bevölkerung wird die Pandemie zudem nicht ernst genug genommen. Die Haltung der Regierung hilft dabei nicht viel. Sie bemüht sich eher die offiziellen Zahlen möglichst niedrig zu halten, bzw. zu kommunizieren. Dabei wird betont, dass die bis jetzt sechs offiziell registrierten Fällen aus Europa kommen – die Krankheit wurde also ‚importiert‘ und ist ‚nicht von hier‘. Dies ist genau die ‚Message‘, die bei der Bevölkerung ankommt.

Eine Aufklärung findet zwar offiziell statt, real überwiegt jedoch die oben beschriebene Haltung der Regierung. Dass diese Aufklärung nicht richtig ankommt, merkt man zum Beispiel daran, dass die wenigen Skeptiker, welche die Lage ernst nehmen, nicht mit ihren Masken umzugehen wissen. Sie setzen diese (einmaligen) Masken wiederholt ein.

Insgesamt verstärkt die oben dargestellten Situation meine Ängste. Wir nehmen die Lage sehr ernst und geben dies unserem Personal auch weiter. Die hierzulande geltenden Maßnahmen (Aufklärung, Masken, Abstandhalten, Hände waschen, usw.) werden auch bei uns praktiziert, wenn auch mit limitierten bzw. lokalen Mitteln. Dies verlangsamt unser Arbeiten enorm, z.B. wird mehr Zeit für das Abpacken benötigt. Die Maßnahmen sind dennoch notwendig.

Was das Geschäftliche anbelangt, sehe ich keine Einschränkungen, solange solche nicht von der Regierung kommen. Denn die oben erwähnten restriktiven Maßnahmen wurden für die Unternehmern etwa flexiblerer gestaltet, um ihre Aktivitäten möglichst gering zu behindern. Die Regierung ist jedoch sehr unberechenbar. Ansonsten wird weiter gearbeitet bzw. verladen.

Persönlich glaube ich dennoch fest daran, dass die Elfenbeinküste speziell und Afrika allgemein auch diese Episode überleben wird.“


 


Sascha Suler, Betriebsleiter – Büro Deutschland
„Im Deutschland-Büro funktioniert derzeit alles sehr gut. Ben und ich sind im Büro vor Ort, Vivien und David sind im Home Office. Beim Warenfluss gibt es keine Probleme – wir haben die Situation trotz aller logistischer Schwierigkeiten gut eingeschätzt, was Reifung und Mengen betrifft. Fast alle Produkte sind im vollen Umfang verfügbar, wir haben kaum Leerlauf. Auch die Verladung und die Transporte funktionieren gut, obwohl in den Ursprungsländern teilweise nur mit der Hälfte der Menschen gearbeitet werden kann.

Im Hinterkopf haben wir natürlich auch die Verhältnisse in unseren Produktherkunftsländern, z.B. kann man bei unseren Bananen aus Ecuador die Corona-Opfer vor Ort nicht ausblenden. Andererseits ist das Beste, das wir tun können, die Ware abzunehmen wie bisher – nur so können wir helfen.

Und allgemein: Wir als staugeplagte Ruhrgebietler genießen natürlich die fast autofreien Autobahnen, über die man in 20 Minuten zur Arbeit rauschen kann, wofür man sonst eine Stunde braucht. Das ist die schöne Seite der Medaille… wir sind uns sehr bewusst, wieviel Glück wir haben, in einer Branche zu arbeiten, in der wir noch arbeiten dürfen und die gebraucht wird. Die Veränderungen sind für uns nicht so einschneidend, bis auf den Kino- oder Restaurantbesuch oder andere Aktivitäten, die derzeit nicht gehen, wie ins Fitnessstudio gehen oder große Feste feiern. Wir können uns sehr glücklich schätzen, dass unsere Existenz nicht bedroht ist und wir weitestgehend normal weiterleben können.

Da die Krankheit eine globale Krankheit ist, ist es für uns bei BioTropic gut, wenigstens dazu beizutragen, dass auch in anderen Ländern und Kontinenten noch produziert werden kann und die Märkte nicht zusammenbrechen, indem wir hier z.B. keine Ware mehr abnehmen – so wie andere große und namhafte Unternehmen es leider praktizieren. Wie wir von Volker hören, bedeuten fehlende Einnahmen in nicht so privilegierten Ländern Hunger und Kriminalität. Davon sind wir hier in Deutschland weit entfernt – aber wir können, indem wir die Produkte aus diesen Ländern weiterhin abnehmen, wenigstens in einigen Bereichen Katastrophen vermeiden.“

 

Text: BioTropic GmbH
Bilder: BioTropic GmbH
Stand: April 2020

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